Am 04.07.2023 fand erstmalig unser Webinar zum Thema Einheitspatent & Einheitliches Patentgericht statt. Nach einem Monat des Inkrafttretens des neuen Patentsystems, stellte sich die Frage, ob bereits von einer "Klagewelle" zu sprechen ist.
In unserem Webinar wurden neben den Hintergründen und Strukturen des neuen Einheitspatentsystems auch die Chancen und Risiken aufgezeigt, welche dieses System mit sich bringt.
Beispielsweise lohnt sich das Einheitspatent hinsichtlich des Kostenfaktors bei Jahresgebühren und Übersetzungskosten. Ausserdem kann auf komplexe nationale Validierungsverfahren in den einzelnen Ländern verzichtet werden.
In der nachfolgenden Grafik sind in Rot die kumulierten Jahresgebühren gezeigt, welche anfallen, wenn ein europäisches Patent in allen 25 Ländern, die an der verstärkten Zusammenarbeit teilnehmen, einzeln validiert werden würde. Über die gesamte Laufzeit summieren sich die Jahresgebühren in den einzelnen Ländern auf über 160.000 Euro, wohingegen die Kosten für Jahresgebühren beim Einheitspatent sich insgesamt gerade einmal auf ca. 35.000 Euro summieren (in grün dargestellte Kurve). Ferner sind hier ausserdem die einzelnen Jahresgebühren für Deutschland, Österreich, Frankreich und Italien beispielhaft dargestellt. An der hellblauen Linie ist ersichtlich, dass die Summe der Jahresgebühren dieser vier Länder insgesamt mit knapp 40.000 Euro bereits höher wäre, als die Kosten für das Einheitspatent.
Werden bereits vor dem 01.06.2023 erteilte Europäische Patente nicht aktiv durch einen "Opt-Out"-Antrag von der Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts (EPG) befreit, besteht die Gefahr für Patentinhaber ihr erteiltes Patent in einem zentralen Nichtigkeitsverfahren zu verlieren (mehr Infos dazu in unserem Artikel in der Zeitschrift "Erfolg", Ausgabe 06/08 2023).
Für die bereits bestehenden EP-Patente konnte bereits seit März 2023 der "Opt-Out"-Antrag gestellt werden. Seitdem wurden über 535’000 EP-Patente "ausoptiert", also der Zuständigkeit des EPG entzogen. Das entspricht ca. 48 % aller der ca. 1,1 Millionen Europäischen Patente die in mindestens einem EPGÜ Staat in Kraft sind. Es ist zudem zu erwarten, dass noch weitere Patentinhaber von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werden.
Droht für die anderen Patentinhaber nun die Klagewelle? 🌊
Seit dem 01.06.2023 sind laut dem öffentliche einsehbaren Register 3 Nichtigkeitsklagen und 18 Verletzungsklagen eingegangen (Stand 04.07.2023). In Anbetracht der ca. 600000 europäischen Patente die bislang noch nicht ausoptiert wurden, ist das also eine sehr geringe Zahl. Doch wie sieht die Situation in ein paar Monaten aus?
Wir hoffen in unserem Webinar neben den Chancen und Risiken des neuen Einheitspatentsystems auch die Frage beantwortet zu haben, ob man aktuell schon von einer Klagewelle 🌊 sprechen kann.